Mitte 1995
Amazon.com startet mit dem Verkauf von Büchern übers Web. Das
Startup wird rasch zum Symbol einer Geschäftsstrategie, der "Get
big fast" über alles und vor allem über Verluste geht. Neue Märkte
als Erster besetzen, koste es was es wolle, ist das Motto von
Firmengründer Jeff Bezos, der damit den Mythos des "First Runners"
begründet und der Old Economy zunächst das Fürchten lehrt.
10. März 1997
Start des Neuen Marktes in Frankfurt und damit Geburt einer Wachstumsbörse,
über die sich junge, schnell wachsende Unternehmen ("Startups"
kannte damals noch keiner so richtig) Kapital beschaffen können.
Januar 1999
Die Schweden Kajsa Leander und Ernst Malmsten gründen Boo.com
März 1999
Die drei Brüder Alexander, Oliver und Marc Samwer starten zusammen
mit ihren Freunden Karel Dörner Max Finger und Jörg Rheinboldt
die Auktionsplattform Alando.de. Deutschlands erste Boygroup,
die sich zufälligerweise auch noch auf der WHU in Koblenz zusammen
gefunden hat, ist am Start.
Mai 1999
Nach gerade 100 Tagen kauft das US-Auktionshaus eBay, dessen Geschäftsmodell
die Alando-Gründer kopiert hatten, die junge Firma auf und macht
die Jungunternehmer zu Millionären: Insgesamt bekamen die Fünf
zusammen eBay-Aktien im Wert von rund 81 Millionen Mark zugesprochen
(vgl. SZ 6.7.2000). Der Fall gilt bis heute als schillerndes Beispiel
für den ganz schnellen Erfolg in der New Economy, dem zahlreiche
Gründerteams nacheifern.
November 1999
Boo.com öffnet seine Shopping-Tore im Netz -- ein halbes Jahr
nach dem anvisierten Launch-Termin
"1. Gipfeltreffen der Internet-Startups" Ende des Monats in den
Hallen von eBay.de. Initiator des "Summits" der deutschen Gründer-
und VC-Szene ist der Networking-Club Silicon City.
11. Januar 2000
Der erste First Tuesday in Deutschland findet in Berlin statt, ironischerweise wegen
der Neujahrstage um eine Woche "zu spät". Bei der Veranstaltung
treffen sich Geldgeber, Gründer und Berater weltweit in hunderten
Städten jeweils am ersten Dienstag des Monats zum Networking.
März 2000
Am neuen Markt sind 240 Unternehmen gelistet, die damals rund
216 Milliarden Euro wert waren. Gleichzeitig kühlt sich an der
Nasdaq, dem Pendant bzw. dem Vorbild des Neuen Markts, die Begeisterung
für Startup-Unternehmen deutlich ab. Die Aktien von Drkoop.com
etwa fallen am 31. März auf einen Wert von sechs Dollar, nachdem
sie im Juli 1999 bei über 36 Dollar lagen. "Todeslisten" von Startups,
die in den nächsten Monaten pleite gehen sollen, tauchen auf,
z.B. im Magazin Barrons.
17. Mai 2000
Boo.com erklärt die Pleite mit geschätzten 30 Millionen Dollar
Schulden. Die weltweit rund 300 Angestellten hatten bis zu diesem
Zeitpunkt gut 135 Millionen Dollar Finanzierungskapital verpulvert.
Der Crash lässt die Technologieaktien weiter sinken und vollzieht
das Ende der ungebremsten E-Commerce-Euphorie. Boo.com wird in
Folge zum Symbol für die Aufgeblasenheit so mancher Startup-Unternehmung.
21. Juli 2000
Der Co-Shopping-Plattform Letsbuyit.com gelingt im vierten Anlauf
der Börsengang am Neuen Markt.
25. Juli 2000
In Berlin findet zum ersten Mal der Last Tuesday statt, eine Gegenveranstaltung zum First Tuesday, die sich der
Dotcom-Kritik verschrieben hat.
September 2000
Totgesagte leben länger: Miss Boo, die virtuelle Verkäuferin von
Boo.com, geht als Teil von Fashionmall.com wieder ins Netz. Dafür
schließen Startups wie Pseudo.com oder Pop.com, Entertainment-Plattformen
fürs Web (letztere sogar gegründet von Steven Spielberg und cofinanziert
von Microsoft-Milliardär Paul Allen).
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