"Silicon Somethings".

Von der Silicon Alley zum Multimedia Corridor (Von Stefan Krempl)

Given that "Silicon Valley" translates the world over as a byword for cash flow and technological savvy, wannabes everywhere have ventured their own niche namesakes.

Brad Wieners and Jennifer Hillner: Silicon Envy. In Wired 6.09

Silicon Glen, Silicon Forrest, Silicon Hill, Silicon Desert -- die Liste, die Keith Dawsons über die "Silicon Wannabes" zusammengestellt hat, ist lang und umfasst momentan 78 "Siliconia" weltweit. Zahlreiche Regionen dieser Erde haben nichts anderes im Sinn, als den wirtschaftlichen Erfolg des Silicon Valley zu klonen. "In regelmäßigen Abständen besuchen Politiker aus dem Rest der Welt das Tal,um diese Gesellschaft zu erforschen, die die Welt schneller und tiefgreifender verändert als jede Revolution." (Uwe Buse: Deutsche Pioniere im Silicon Valley, Spiegel reporter 11/2000, 104).

Das Paradoxe an den Vorhaben ist in der Regel, dass sie von staatlicher Seite mehr oder weniger “verordnet" werden, während sich die Techies im Valley gerade als antistaatliche "Cyberlibertinäre" definieren (vgl. v.a. das Buch "Cyberselfish" von Paulina Borsook), die zwar hinter der Hand gerne die ein oder andere Steuerbegünstigung in Empfang nehmen, ansonsten aber besonders stolz darauf sind, alles "aus eigener Kraft" bewerkstelligt zu haben.

Eine weitere Ironie wurde auf der Diskussionsveranstaltung der American Anthropological Association (AAA) zur "Technoculture" des Silicon Valley kürzlich in San Francisco angesprochen: Die meisten Silicon Somethings evozieren in ihrem zweiten Namensbestandteil (wie das große Vorbild) just die schöne, freie und wilde Natur ("Prärie", "Schlucht", "Wald", "Berg", etc.), obwohl es doch dort ausschliesslich um die Produktion von Hightech geht. Und die ist oft mit gravierenden Umweltzerstörungen verbunden.

Trotzdem bleibt festzuhalten, dass inzwischen jedes Land, das in der Oberliga der "Informationsgesellschaften" mitspielen will, mindestens eine Modellregion im Geiste des Valleys innerhalb der eigenen Grenzen großgezogen hat bzw. daran arbeitet.

Viel berichtet wurde beispielsweise über die Silicon Alley, das Multimedia- und Dotcom-Zentrum Manhattans. Fragt man die New Yorker, so weiß eigentlich keiner so wirklich, wo diese mysteriöse "Alley" sein soll. Eine inzwischen geschlossene Website "ortete" die Gegend folgendermaßen: "It's loosely defined as the area from 28th Street to Spring Street along Broadway, and three blocks East and West of Broadway along that stretch." Andere Quellen haben ganz Manhattan bzw. sogar den ganzen Staat New York zur Multimedia-"Meile" erkoren.

Das Besondere an der Alley ist, dass sie sich nicht als "harte" Technologie-Region und eigentlich auch nicht als reine Software-Gegend versteht, sondern als eine Mischung aus "new Internet-related industries: designers, writers, programmers, editors, managers, technologists, photographers, marketers, and others." Dementsprechend findet sich hier besonders stark die Suche nach Alternativen zur "Old Economy". Die Leute, die sich in Manhattan sammeln und eigene Firmen gründen "come from disparate backgrounds -- some have worked in the software industry, some were frustrated journalists, some were artists. They share a desire to take chances, work for small companies, and have more power over their professional lives. They say that young New Yorkers no longer form bands as a mode of self expression; they found companies" ("Inside Silicon Valley", Website schon wieder verschwunden).

Interessanterweise findet seit 1998 regelmäßig einmal im Jahr ein "Gipfeltreffen" zwischen der Alley und dem Valley ("The Alley to the Valley"), zwischen East und West Coast statt. Dabei geht es vor allem um VC, aber auch ums Networking.

Da die Silicon Alley allerdings mit Internet-Startups besonders reicht gesegnet ist, die weniger auf Technologie, als vielmehr auf Ideen ihr Schicksal bauten, ist sie vom Dotcom-Crash der vergangenen Monate besonders betroffen. Nicht ganz zufällig erblickte daher in New York die Site www.fuckedcompany.com das Licht der Welt, die ein Multimedia-Designer vor Ort ins Web stellte und so einen virtuellen Treffpunkt der Dotcom-Müden etablierte.

Several factors helped Israel establish itself as perhaps the world's most successful Silicon Valley clone. One is its claustrophobic geography: Just as Silicon Valley is shoehorned onto a swath of real estate with bodies of water on either side and with two cities (San Francisco and San Jose) at either end, Israel is backed up against the Mediterranean by a ring of traditionally hostile neighbors. A history of international boycotts and embargoes, moreover, has infused the populace with the habits of self-reliance. Then there is the presence of a powerful intellectual incubator. In Silicon Valley, it is Stanford University. In Israel, it is the army, which requires up to three years of service from every Jewish 18-year-old and provides the best of them with incomparable management training, a high-tech education and the kind of personal network that young Americans get from four years of college.

Michael A. Hiltzik: Israels High Tech Shifts Into High Gear. LA Times 13.8.2000

Andere Regionen und Länder scheinen es da besser getroffen zu haben. In Europa hat sich seit einigen Jahren vor allem Irland und dort insbesondere die Region rund um Dublin ("Silicon Fen") zum Higtech-Standort entwickelt. Die "grüne" Insel ist mit über 700 Softwarefirmen, die mehr als zwei Drittel zum Bruttoinlandsprodukt der Republik beitragen, inzwischen der zweitgrößte Softwareexporteur nach den USA (vgl. Wirtschaftswoche 42/2000, 220). Die irische Wirtschaft legt daher seit Jahren das rasanteste Wachstum innerhalb der EU hin: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs zwischen 1994 und 1999 jährlich durchschnittlich um 8,5 Prozent (EU-Mittel: 2,5 Prozent). Die Arbeitslosenquote sank zum Jahresende 1999 auf fünf Prozent.

Den Anstoß zu diesem Boom legte der Chiphersteller Intel (eine Größe im Silicon Valley), der vor sechs Jahren eine Fabrik in der Nähe von Dublin aufbaute. Es folgten andere "Multis" wie Dell, IBM oder Ericsson. Auch die Lufthansa und AOL richteten dort ihre internationalen Call-Center ein. "Vom Himmel fielen die Ansiedlungen ausländischer Investoren allerdings nicht. Zum einen bot die irische Regierung den internationalen Investoren niedrige Steuersätze. Zum anderen setzte sie bereits in den Achtzigerjahren in der Bildungspolitik konsequent auf die Informationstechnologie" (ebd.).

Die ausländischen Firmen sorgten schließlich auch bei den Iren für einen neuen Gründergeist: 80 Prozent der Softwarefirmen im Lande, darunter international erfolgreiche Größen wie Baltimore Technologies, Trintech, Eontec oder Flexicom, haben irische Eigentümer. Schwerpunkte liegen im Bereich Sicherheitstechnik und Mobile Commerce (vgl. ebd., 220f.).

Als Gründerregion wird von den internationalen Medien außerdem verstärkt Israel entdeckt.

Several factors helped Israel establish itself as perhaps the world's most successful Silicon Valley clone. One is its claustrophobic geography: Just as Silicon Valley is shoehorned onto a swath of real estate with bodies of water on either side and with two cities (San Francisco and San Jose) at either end, Israel is backed up against the Mediterranean by a ring of traditionally hostile neighbors. A history of international boycotts and embargoes, moreover, has infused the populace with the habits of self-reliance. Then there is the presence of a powerful intellectual incubator. In Silicon Valley, it is Stanford University. In Israel, it is the army, which requires up to three years of service from every Jewish 18-year-old and provides the best of them with incomparable management training, a high-tech education and the kind of personal network that young Americans get from four years of college.

Michael A. Hiltzik: Israels High Tech Shifts Into High Gear. LA Times 13.8.2000

Aber auch in Asien arbeiten Länder wie Malaysia mit groß angelegten Projekten (Malaysia hat schon 1998 angekündigt, trotz immenser Wirtschafts- und Währungsprobleme insgesamt rund 1,2 Milliarden Dollar in das Vorzeigeprojekt Multimedia Super Corridor investieren zu wollen) daran, einen Hauch Silicon Valley zusammen mit den internationalen Hightechfirmen zu importieren. Vor allem Subventionen sollen die Unternehmen in den "Corridor" locken. Ob das geistige, von Zensurmaßnahmen gekennzeichnete Klima in Malaysia oder anderen Staaten in Asien bzw. im mittleren Osten die Konzerne allerdings wirklich in den Dschungel oder die Wüste locken kann, ist noch die große Frage. Indien hat es allerdings bereits geschafft, rund um Bangalore eine wichtige Softwareindustrie anzusiedeln.

 
Links

Thesenpapier von Antje Jasmand und Kolja Krüger

Siliconia. Keith Dawsons Sammlung aller Silicon Somethings

Peter Elstrom et al: It Must Be Something in the Water. Many regions have tried to duplicate the Valley magic. None has succeeded. Business Week, Aug. 25, 1997

Mark L. Clifford: Amid the Rubber Trees, a Multimedia Super Corridor? ebd.

Amy Hamon: Moving Beyond Boosterism in Silicon Alley. NYT 17.8.1998

Brad Wieners and Jennifer Hillner: Silicon Envy. Wired 6.09 (Sept. 1998)

Silicon envy. They all want a Valley of their own. The Economist Feb 18th 1999

The Silicon Alley Reporter

Florian Rötzer: CyberMalaysia oder Malaysia Incorporated. Der rekordsüchtige Sprung ins Informationszeitalter. Telepolis 3.7.1997

Florian Rötzer: Malaysia und das Internet. Zensur und Ausbau von Cybercity. Telepolis 7.6.1999

Carsten Volkery: Wo wird das Internet gemacht? Es muß nicht immer Silicon Valley sein. Spiegel Online 27.7.1999

Ben Schwan: "Die Alley ist heißer". Interview mit Mr. Silicon Alley Reporter Jason Calacanis. Spiegel Online 11.1.2000

Bayern soll Deutschlands Silicon Valley werden. Heise Newsticker 22.3.2000

The end of tycoons. A new generation, a new economy and a new capitalism are changing the way in which business is done in East Asia. The Economist Apr 27th 2000

Michael A. Hiltzik: Israel's High Tech Shifts Into High Gear. LA Times, Aug. 13, 2000

Titanische Aufgaben. Martin Stuchtey, 32, Berater bei der Unternehmensberatung. McKinsey, über die Kunst, Regionen wie Unternehmen zu managen. Interview von Christiane Sommer in brand eins 9/00

James Morrow: Clinging to Silicon Alley’s wreckage. Messengers, caterers, office supply stores all suffer when local dot-coms go under. MSNBC.com 22.10.2000

Leslie Eaton und Jason Blair: The Dimming Lights of Silicon Alley. NYT 27.10.2000

John Gartner: It's Sheik to Be Techie. Dubais Weg zur Internet City. Wired News Nov. 14, 2000

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