Wer sind die Gründer?
Wer kennt sie nicht -- die Bilder von Bill Gates und Paul Allen,
einem braun-blonden, zarten Jungen und einem etwas reiferen Jüngling
mit einer großen Hornbrille, die die beiden späteren Microsoft-Gründer
an der Uni vor der ersten damals verfügbaren Generation der "Kleinrechner"
zeigen. Kein Zweifel: das sind Geeks, Computerfreaks, vielleicht
sogar Hacker, die nicht unbedingt an ihre erste Million denken.
Die heutige Gründergeneration sieht (zumindest in Deutschland
-- in den USA soll "die Garage" nach wie vor einer Rolle spielen)
anders aus. "Der typische Gründer ist 32 Jahre alt und hat eine
komplette Hochschulausbildung sowie mehrere Jahre Berufspraxis
in einem etablierten Unternehmen hinter sich". Zu diesem Ergebnis
kommt laut Wirtschaftswoche (31/2000, 72ff) die "erste umfassende
Analyse der deutschen Internet-Startup-Szene", die die Unternehmensberatung
Bain & Company erstellt hat. Dazu hat die Firma die 450 größten
vorbörslichen Internet-Startups Deutschlands untersucht, darunter
waren Firmen wie Ciao.com, datango oder Zooplus.de.
Fazit der Studie: "Startup-Manager sind in der Regel erfahrener
und gefestigter als weithin vermutet. 86 Prozent der befragten
Manager verfügen über Berufserfahrung, mehr als die Hälfte war
mehr als fünf Jahre bei einer oder mehreren Firmen angestellt,
Rund 80 Prozent können einen Hochschulabschluss vorweisen, über
40 Prozent davon in einem wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang.
Etwa die Hälfte der Unternehmer hat zeitweise im Ausland studiert.
Jeder dritte Gründer kommt aus der Consultingbranche, auf dem
zweiten Platz folgt mit 26 Prozent die IT-Bereich" (ebd., 72).
Reiche Söhne AG
Schaut man sich die Namen so mancher Gründer, Investoren oder
Manager von Startups in Deutschland einmal genauer an, so ist
auffällig, dass man darunter auf relativ viele "Bekannte" stößt.
Lars Wössner, der Sohn des ehemaligen Bertelsmann- Vorstandsvorsitzenden
Mark Wössner, leitet den Bereich Business Development bei Ecircle.de
und hat seinen Papa sogar noch als Aufsichtsratsvorsitzenden in
das Jungunternehmen mitgebracht. 12snap-Gründer Michael Birkel
kommt aus der gleichnamigen Nudeldynastie, Ciao.com-Mitgründer
Max Cartellieri ist der Sohn des Deutsche-Bank-Aufsichtsratsmitglieds
und CDU-Schatzmeisters Ulrich Cartellieri. Die Liste der Gründer
mit berühmten Unternehmern in der Familie lässt sich noch stark
erweitern (vgl. Net-Business vom 7.8.2000, 39).
Seit die Westdeutsche Allgemeine Zeitung bei der Vorstellung des
Markplatzes Surplex.com im Frühjahr die Firma als "Reiche Söhne
AG" betitelte (Mitgründer Bruno Schick entstammt einem Automobil-Zulieferunternehmen,
Investoren sind die mit befreundeten Unternehmerkinder Lars Schlecker
und Marc Schrempp), hat neben Net-Business auch die Financial
Times Deutschland (23.08.2000) dieses Thema aufgegriffen und auf
die "Old Boys Networks" aufmerksam gemacht. Ganz so "neu" sind
die Helden der New Economy hierzulande also nicht, wenn sich das
Gründerphänomen weitgehend aus geschlossenen Zirkeln der Old Economy
nährt.
Boygroups als Kern der Startup-Szene?
Aber zurück zu den Ergebnissen der Bain-Studie: Den Sprung in
die Selbständigkeit, so haben die Berater herausgefunden, erfolgt
zumeist in Rudeln. Die drei bis fünf Jungs aus dem Vorstand eines
"durchschnittlichen" Gründerteams kennen sich in der Regel vom
Studium (häufig haben sie sogar gemeinsam an der Wissenschaftlichen
Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz (WHU) gemeinsam die Studienbank gedrückt); in ihnen "sammeln sich
alte Freunde und Bekannte" (ebd., 73). Diese markante Form der
Zusammensetzung hat den Gründercliquen auch den Ehrentitel "Boygroups"
eingebracht, was insofern auch gar nicht so falsch liegt, da sie
sich oft wie moderne Popstars gerieren. Eine gewisse Inszenierung
wiederum ist die Bedingung dafür, überhaupt von einer "Startup-Szene"
zu sprechen, deren Kern die Gründerteams bilden. Drum herum positionieren
sich ihre Mitarbeiter genauso wie Geldgeber, Networking-Events
(First Tuesday) oder ganze Magazine und Zeitschriften, die ihr
Aufsteigen und Fallen verfolgen (Business 2.0, Net-Business etc.).
Die sechs Gründer von Alando/eBay.de (Foto: Tomorrow). Die "waren
hungrig", erinnert sich ihr VC Frank Böhnke, Wellington Partners
(SZ Magazin vom 2.6.2000)
Als Gründe für das Gründen nennt die Analyse "an erster Stelle,
die Freiheit, eigene Ideen umsetzen zu können, deren Potenzial
der bisherige Arbeitgeber nicht erkannt hat. Auch die Hoffnung
auf schnelles Geld und der Spaßfaktor locken -- also die Möglichkeit,
mit Freunden und Gleichgesinnten auf gemeinsame Ziele zuzusteuern".
Zudem vereint die Jungunternehmer ein "ausgeprägtes Selbstbewusstsein"
(ebd.).
Was wird gegründet?
Das Gründungsfieber des Jahres 1999 hat eine Vielzahl von B2C-
und Customer-to-Customer-Startups (C2C) sprießen lassen. Insbesondere
die B2Cs dominieren die deutsche Internetlandschaft mit einem
Anteil von 51 Prozent, Internet-Softwarefirmen folgen mit 28 Prozent,
B2B-Gründungen mit 21 Prozent. Doch B2B und Software holen auf:
Vielen B2C-Vorständen wird gegenwärtig die Gefahr ihrer Abhängigkeit
von den sinkenden Onlinewerbeerlösen bewusst, und sie sehen sich
nach neuen Einnahmequellen um (vgl. ebd.).
Quelle: Business 2.0, 101
Woher kommt die Finanzierung?
Das erste Geld (zwischen 450 000 und 1,2 Millionen Mark), die
so genannte Seed-Finanzierung, strecken zu 58 Prozent private
Investoren und Business Angels sowie zu 30 Prozent die Gründer
selbst vor. Die in der Regel folgende erste Finanzierungsrunde
decken die Startups zu 88 Prozent aus Venture Capital (VC), wobei
die Durchschnittsinvestitionen zwischen sieben und zwölf Millionen
Mark liegen. In der zweiten Runde sinkt der VC-Anteil zugunsten
strategischer Investoren, wenn beispielsweise Konzerne mit eigenen
"E-Plänen" einsteigen. Danach steht im günstigsten Fall ein Börsengang
(Initial Public Offering - IPO) an, der neues Geld in die Kassen
spült, oder der Aufkauf durch einen Konkurrenten bzw. einen Konzern.
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