Wer gründet Startups? Welche Startup-Modelle überwiegen? Woher kommt wieviel Geld? (Von Stefan Krempl)

Wer sind die Gründer?

Wer kennt sie nicht -- die Bilder von Bill Gates und Paul Allen, einem braun-blonden, zarten Jungen und einem etwas reiferen Jüngling mit einer großen Hornbrille, die die beiden späteren Microsoft-Gründer an der Uni vor der ersten damals verfügbaren Generation der "Kleinrechner" zeigen. Kein Zweifel: das sind Geeks, Computerfreaks, vielleicht sogar Hacker, die nicht unbedingt an ihre erste Million denken.

Die heutige Gründergeneration sieht (zumindest in Deutschland -- in den USA soll "die Garage" nach wie vor einer Rolle spielen) anders aus. "Der typische Gründer ist 32 Jahre alt und hat eine komplette Hochschulausbildung sowie mehrere Jahre Berufspraxis in einem etablierten Unternehmen hinter sich". Zu diesem Ergebnis kommt laut Wirtschaftswoche (31/2000, 72ff) die "erste umfassende Analyse der deutschen Internet-Startup-Szene", die die Unternehmensberatung Bain & Company erstellt hat. Dazu hat die Firma die 450 größten vorbörslichen Internet-Startups Deutschlands untersucht, darunter waren Firmen wie Ciao.com, datango oder Zooplus.de.

Fazit der Studie: "Startup-Manager sind in der Regel erfahrener und gefestigter als weithin vermutet. 86 Prozent der befragten Manager verfügen über Berufserfahrung, mehr als die Hälfte war mehr als fünf Jahre bei einer oder mehreren Firmen angestellt, Rund 80 Prozent können einen Hochschulabschluss vorweisen, über 40 Prozent davon in einem wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang. Etwa die Hälfte der Unternehmer hat zeitweise im Ausland studiert. … Jeder dritte Gründer kommt aus der Consultingbranche, auf dem zweiten Platz folgt mit 26 Prozent die IT-Bereich" (ebd., 72).


Reiche Söhne AG

Schaut man sich die Namen so mancher Gründer, Investoren oder Manager von Startups in Deutschland einmal genauer an, so ist auffällig, dass man darunter auf relativ viele "Bekannte" stößt. Lars Wössner, der Sohn des ehemaligen Bertelsmann- Vorstandsvorsitzenden Mark Wössner, leitet den Bereich Business Development bei Ecircle.de und hat seinen Papa sogar noch als Aufsichtsratsvorsitzenden in das Jungunternehmen mitgebracht. 12snap-Gründer Michael Birkel kommt aus der gleichnamigen Nudeldynastie, Ciao.com-Mitgründer Max Cartellieri ist der Sohn des Deutsche-Bank-Aufsichtsratsmitglieds und CDU-Schatzmeisters Ulrich Cartellieri. Die Liste der Gründer mit berühmten Unternehmern in der Familie lässt sich noch stark erweitern (vgl. Net-Business vom 7.8.2000, 39).

Seit die Westdeutsche Allgemeine Zeitung bei der Vorstellung des Markplatzes Surplex.com im Frühjahr die Firma als "Reiche Söhne AG" betitelte (Mitgründer Bruno Schick entstammt einem Automobil-Zulieferunternehmen, Investoren sind die mit befreundeten Unternehmerkinder Lars Schlecker und Marc Schrempp), hat neben Net-Business auch die Financial Times Deutschland (23.08.2000) dieses Thema aufgegriffen und auf die "Old Boys Networks" aufmerksam gemacht. Ganz so "neu" sind die Helden der New Economy hierzulande also nicht, wenn sich das Gründerphänomen weitgehend aus geschlossenen Zirkeln der Old Economy nährt.


Boygroups als Kern der Startup-Szene?

Aber zurück zu den Ergebnissen der Bain-Studie: Den Sprung in die Selbständigkeit, so haben die Berater herausgefunden, erfolgt zumeist in Rudeln. Die drei bis fünf Jungs aus dem Vorstand eines "durchschnittlichen" Gründerteams kennen sich in der Regel vom Studium (häufig haben sie sogar gemeinsam an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz (WHU) gemeinsam die Studienbank gedrückt); in ihnen "sammeln sich alte Freunde und Bekannte" (ebd., 73). Diese markante Form der Zusammensetzung hat den Gründercliquen auch den Ehrentitel "Boygroups" eingebracht, was insofern auch gar nicht so falsch liegt, da sie sich oft wie moderne Popstars gerieren. Eine gewisse Inszenierung wiederum ist die Bedingung dafür, überhaupt von einer "Startup-Szene" zu sprechen, deren Kern die Gründerteams bilden. Drum herum positionieren sich ihre Mitarbeiter genauso wie Geldgeber, Networking-Events (First Tuesday) oder ganze Magazine und Zeitschriften, die ihr Aufsteigen und Fallen verfolgen (Business 2.0, Net-Business etc.).

Die sechs Gründer von Alando/eBay.de (Foto: Tomorrow). Die "waren hungrig", erinnert sich ihr VC Frank Böhnke, Wellington Partners (SZ Magazin vom 2.6.2000)


Als Gründe für das Gründen nennt die Analyse "an erster Stelle, die Freiheit, eigene Ideen umsetzen zu können, deren Potenzial der bisherige Arbeitgeber nicht erkannt hat. Auch die Hoffnung auf schnelles Geld und der Spaßfaktor locken -- also die Möglichkeit, mit Freunden und Gleichgesinnten auf gemeinsame Ziele zuzusteuern". Zudem vereint die Jungunternehmer ein "ausgeprägtes Selbstbewusstsein" (ebd.).


Was wird gegründet?

Das Gründungsfieber des Jahres 1999 hat eine Vielzahl von B2C- und Customer-to-Customer-Startups (C2C) sprießen lassen. Insbesondere die B2Cs dominieren die deutsche Internetlandschaft mit einem Anteil von 51 Prozent, Internet-Softwarefirmen folgen mit 28 Prozent, B2B-Gründungen mit 21 Prozent. Doch B2B und Software holen auf: Vielen B2C-Vorständen wird gegenwärtig die Gefahr ihrer Abhängigkeit von den sinkenden Onlinewerbeerlösen bewusst, und sie sehen sich nach neuen Einnahmequellen um (vgl. ebd.).

Quelle: Business 2.0, 101



Woher kommt die Finanzierung?

Das erste Geld (zwischen 450 000 und 1,2 Millionen Mark), die so genannte Seed-Finanzierung, strecken zu 58 Prozent private Investoren und Business Angels sowie zu 30 Prozent die Gründer selbst vor. Die in der Regel folgende erste Finanzierungsrunde decken die Startups zu 88 Prozent aus Venture Capital (VC), wobei die Durchschnittsinvestitionen zwischen sieben und zwölf Millionen Mark liegen. In der zweiten Runde sinkt der VC-Anteil zugunsten strategischer Investoren, wenn beispielsweise Konzerne mit eigenen "E-Plänen" einsteigen. Danach steht im günstigsten Fall ein Börsengang (Initial Public Offering - IPO) an, der neues Geld in die Kassen spült, oder der Aufkauf durch einen Konkurrenten bzw. einen Konzern.

 
Links

Zum Vergleich: State of the Startup 2000 - Bestandsaufnahme in den USA

plan

literatur

links

zitate