Das System Bill Gates

 

Die Rollen des Microsoft-Chefs:
vom Über-Nerd zum Dominator

 

Rollen, Rollen, Rollen

 

Erfolgsmanager

(Software-)Mogul

Reibungsloser Kapitalist

American Hero

Verbraucherfreund

Innovator

Verfolgte

Über-Nerd bis Enabler

Familienvater


Midas bis Lehnsherr

Dominator

Gesalbte

Mit Microsofts geschickter Ausnutzung der Informationsökonomie und ihrer Netzwerkgesetze ist bereits ein wichtiges Puzzleteil im System Gates gefunden. Da ich ein System weniger aus soziologischer, als vielmehr aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht selbst als eine Art Netzwerk betrachte, das vor allem durch die Rollen und die Selbstdarstellung seiner Hauptbeteiligten lebt und faßbar wird, möchte ich im folgenden die imageprägenden Kommunikationsakte des Microsoft-Chefs analysieren. Dazu greife ich auf die von mir zur Untersuchung des "Phänomen Berlusconis" entwickelte rollentheoretische Methode zurück, mit der symbolisches Handeln und Kommunikationsstrategien aus Inszenierungskontexten gelöst werden können. Eine solche "Aufführung" sehe ich im Fall Gates aus marketingtechnischen Notwendigkeiten heraus bereits immer gegeben, sie wird aber noch verstärkt durch das intensive Gerichtsdrama. Auch wenn dieses Schauspiel, das in seinen Ausmaßen "US versus Microsoft" gigantisch zu werden verspricht und gerade in der Softwareindustrie auch "unerhört" ist, erst im Anfangsstadium ist, sind die Charaktere und ihre Rollen bereits relativ weit entwickelt und separierbar. In diesem Rahmen kann ich allerdings nur eine erste Vorschau auf die Bühne gewähren und beschränke mich auf den Hauptdarsteller der Unternehmerseite.

Eine absolute Trennschärfe zwischen der Vielfalt der Rollen erwarte man nicht ­ sie ist mit dem realen Ineinandergreifen in vernetzten Umgebungen nicht zu erreichen und wäre entstellend. Viele Rollen bauen notwendigerweise in ihrer Argumentationsrichtung aufeinander auf oder ergänzen sich naturgemäß, andere widersprechen sich, da sie sich an unterschiedliche Teilpublika richten oder schlichtweg Regiefehler vorliegen. (vgl. Krempl 1996). Interessant auch die Parallelen zwischen dem Unternehmensführer Berlusconi und Bill Gates, die beide auf ihre Weise ­ der eine am Ende sehr direkt, der andere subtil, unter dem Mantel des Marktes sowie unter Vorgabe von "Kundenwünschen" ­ Politik machen.

 

 

Die neuen Formen von Herrschaft haben auch neue Figuren hervorgebracht, die diese Herrschaft verkörpern. Einer dieser "Herren"... ist Bill Gates. Ich persönlich bin gar nicht daran interessiert, zu wissen, wer dieser Mann wirklich ist. Ich möchte erfahren: Wie funktioniert er?


Der slowenische Philosoph Slavoj Zizek in der Zeit vom 27.2.98

 

 

Letzte Vorbemerkung: Bill Gates und Microsoft werden im weiteren größtenteils synonym gesetzt. Dies ergibt sich aus dem öffentlichen Verständnis und Ineinanderfließen von Unternehmens- und Unternehmensgründer-Identität. Andrew Leonhard meint dazu in Salon am 29.1.98: "Gates is a cipher, a platitude-spouting uber-entrepreneur who is indistinguishable, in the public eye, from his alter ego -- the formidable, and rapacious, Microsoft corporation." Ich trenne in dieser erste Übersicht auch nur ansatzweise zwischen Rollen, die Gates selbst spielt, und solchen, die ihm von seinen Kommunikationspartner bzw. der öffentlichen Meinung zugeschrieben werden.

 

 

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